Montag, 7. September 2015

Gläubiger dürfen die vorgerichtliche Effektivität eines Inkassodienstleisters nutzen

Gläubiger dürfen die vorgerichtliche Effektivität eines Inkassodienstleisters nutzen 


Das LG Duisburg hat entschieden (14.11.14, 7 S 45/14, FMP 15, 99): Eine Gläubigerin ist auch unter Schadensminderungsgesichtspunkten nicht verpflichtet, einen Antrag im gerichtlichen Mahnverfahren zu stellen, statt vorgerichtlich ein Inkassounternehmen zu beauftragen, nachdem sie die von ihr zu erwartenden üblichen Eigenbemühungen zur Forderungsbeitreibung unternommen hat.

Zwei Mahnungen erfolglos 


Das LG folgert den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Inkassokosten aus §§ 280, 281, 286 BGB. Grund: Der Schuldner befand sich mit der Zahlung von 2.273,50 EUR gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug. Ausweislich der vorgelegten Rechnung war die Forderung innerhalb von zehn Tagen nach Erhalt der Ware auszugleichen. Dies ist unstreitig – auch nach zweimaliger Mahnung – nicht erfolgt, sodass sich der Schuldner zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an das Inkassounternehmen in Verzug befand.

Inkassokosten = Verzugsschaden 


Die durch die Einschaltung eines Inkassounternehmens entstandenen Kosten stellen grundsätzlich einen erstattungsfähigen Verzugsschaden dar (BeckOK-Unberath, BGB, 31. Edt., zu § 286 Rn. 74). Dies gilt jedenfalls, soweit ein wirtschaftlich denkender Mensch diese Maßnahme für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGH NJW-RR 09, 43). Dementsprechend besteht eine Ersatzpflicht hinsichtlich der Inkassokosten nicht, wenn der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig oder -unfähig ist. Denn es ist insoweit voraussehbar, dass später ohnehin ein Anwalt damit beauftragt werden muss, zu klagen (OLG Hamm NZBau 06, 516).

Praxishinweis: Diese Sicht der Dinge ist allerdings nicht zutreffend. Wenn der Schuldner sich nämlich nicht aktiv wehrt, muss kein Anwalt beauftragt werden. Denn auch das Inkassounternehmen darf seit dem 1.7.08 nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO einen Antrag zur Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren stellen und dann die Mobiliarzwangsvollstreckung betreiben. Hierauf sollte stets hingewiesen werden.

Finanzieller Engpass des SU 


Im Fall des LG wurde unstreitig auf einen „finanziellen Engpass“ hingewiesen. Ob allein ein solcher Hinweis ausreicht, um eine erkennbare Zahlungsunwilligkeit oder -fähigkeit zu bejahen, ließ das LG aber dahinstehen, da der Schuldner nach Einschaltung des Inkassounternehmens den restlichen Kaufpreis gezahlt hat. Zahlt der Schuldner nach Einschaltung des Inkassounternehmens, können dessen Kosten unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens als Verzugsschaden verlangt werden (BeckOK-Unberath, a.a.O.). Dies ergibt sich daraus, dass der Gläubiger bei erkennbarer Zahlungsunfähigkeit jedenfalls einen Anwalt zwecks Durchsetzung seiner Forderung beauftragen darf. Hätte die Klägerin nicht ein Inkassounternehmen, sondern einen Anwalt beauftragt, wären die nun geltend gemachten Kosten als Anwaltskosten in gleichem Umfang angefallen.

Vorgerichtliche Beitreibung 


Anders als der Schuldner meint, musste die Gläubigerin auch aus Schadensminderungsgesichtspunkten keinen Mahnantrag stellen, statt ein Inkassounternehmen einzuschalten. Die zu erwartenden üblichen Eigenbemühungen im Zusammenhang mit der Einziehung der Forderung hatte die Gläubigerin unternommen.

Eigenbemühungen erforderlich 


Der Gläubiger muss sich angemessen darum kümmern, dass er seine geschäftlichen Forderungen einzieht. Dies kann er etwa dadurch, dass er weiter mahnt oder androht, ein Inkassounternehmen einzuschalten (Staudinger-Löwisch/Feldmann, BGB, Neubearbeitung 2009, zu § 286 Rn. 222). Hier hatte die Gläubigerin den Schuldner unstreitig zweimal gemahnt – und auch angedroht, ein Inkassounternehmen einzuschalten – und mit der Ehefrau des Schuldners hinsichtlich der Forderung telefoniert. Ein größeres Maß an Eigenbemühungen ist auch bei einer geschäftlichen Forderung nicht geboten, so das LG.

Als Folge muss der Schuldner die Inkassokosten ersetzen, die sich unstreitig auf 281 EUR belaufen. Die Höhe dieser Kosten ist nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kosten eines Inkassounternehmens nicht die bei der Beauftragung eines Anwalts entstehenden Kosten (nach § 4 Abs. 5 RDGEG) übersteigen dürfen. Vorliegend entsprachen die Kosten einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach RVG zuzüglich Auslagenpauschale, sodass der Kostenrahmen eingehalten worden ist.

Kein einfaches Schreiben 


Der Einwand verfängt nicht, bei dem Aufforderungsschreiben des Inkassounternehmens handele es sich um ein einfaches Schreiben mit der Folge, dass bei Beauftragung eines Anwalts nach Nr. 2301 VV RVG nur eine 0,3 Gebühr angefallen wäre. Zum einen hat sich die Tätigkeit nicht nur auf das Aufforderungsschreiben beschränkt. Zum anderen kommt es darauf auch letztlich nicht an. Denn für die Frage, ob eine Gebühr nach Nr. 2301 VV RVG abzurechnen ist, kommt es auf den Auftrag an und nicht darauf, wie sich die Tätigkeit des Anwalts nach außen hin darstellt (Teubel in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., zu Nr. 2301 VV Rn. 2; Goebel, ZfM 15, 22).

Eskalation generiert Zahlung 


Das LG hat richtig gesehen, dass die Eskalation in der Forderungsbeitreibung, also die vorgerichtliche Übergabe der vom Gläubiger mehrfach angemahnten Forderung an den Rechtsdienstleister, geeignet ist, den Schuldner zu veranlassen, zu zahlen. Nicht nur im konkreten Fall war dieser sog. Bearbeiterwechsel zahlungsauslösend. Eine solche Reaktion zeigt sich häufig. Die dabei entstehenden Kosten sind für den Schuldner immer noch geringer, als die durch einen Mahnbescheid und die Vollstreckung oder ein Klageverfahren ausgelösten Kosten.

Quelle: Newsletter BS-Software Nr. 3/2015

1 Kommentar:

  1. Wenn der Gläubiger ein Betrüger ist, macht sich Euro Collect zum Beihelfer des Betrugs und damit strafbar. Ein seriöses Inkasso verschickt aber auch keine Drohungen oder bedroht angebliche Schuldner, wie es Euro Collect praktiziert.

    AntwortenLöschen